Künstliche Intelligenz (KI)

Chatbots Everywhere - Memory Economy - Human in the Loop

4.2.2024
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Simon Bölts

tl;dr - Fokussiert Wissen- & Datenmanagement. Integriert KI in Arbeitsprozesse, um Fähigkeiten von Teams und einzelnen Mitgliedern zu erweitern. Überdenkt das Serviceangebot und nutzt Wissen für (Micro-)Produkte. Denkt in Erlebnissen und Erinnerungen, nicht in Touchpoints!

Der KI-Hype verfliegt, KI dominiert trotzdem weiterhin alles

Unternehmen und Organisationen, also die die Marketing betreiben (Personal Branding mal ausgeschlossen), werden entweder KI-Produkte einkaufen, wie sie heute Entscheidungen für Social-Media- oder Projektmanagement-Tools treffen - also mehr oder weniger nach persönlichen Vorzügen, Preis und im besten Fall eines guten Vergleichens hingehend der Anforderungen aus den Marketing-Teams - oder sie werden gezielt eigene (Mirco-)Software-Lösungen entwickeln, die auf KI basieren, um die eigenen Teams zu unterstützen oder diese Lösungen an erst genannte zu verkaufen. „Make or Buy“ bekommt dadurch eine ganz andere Dimension.

Chats sind das User Interface 2024

Diese Entwicklung wird sich in allen Bereichen des Marketing sichtbar machen. Ja auch die offline Papp-Aufsteller werden KI-generiert sein (können) und die Auswahl des besten Supermarkts, um diese zu platzieren, wird, im Zweifel, kein:e Senior Media-Planner:in machen, sondern ein:e Junior, der:die mit einem CustomGPT arbeitet, das auf dem Wissen eben dieser Planner:in basiert und eine Schnittstelle zu buchbaren Flächen hat. Der:Die Planner:in wird vermutlich nicht mal im selben Unternehmen arbeiten. Sowohl Marketing Teams als auch Endkonsument:innen werden zu einem großen Teil mit artifiziellen Personen via Chat interagieren und sich so im Alltag orientieren. 2024 wird das Jahr, in dem Customer Service Bots endlich halten, was sie mal versprochen haben: Customer Service. Aber auch Brand-Interaktionen werden KI-gestützt sein. Das betrifft vor allem die Interaktionen auf Social Media. Wer weiß schon, ob meine generische Frage zu irgendwelchen „IDs“ unter Fashion-Influencer:innen Posts, oder mein kurzer Rage unter irgendwas von Paketzusteller:innen von einem:einer netten Mitarbeitenden oder von Zack, Lucy, Paul den AI-Assistents geschrieben wurde. Aller Zynismus beiseite: Es gibt Studien, die zeigen, dass künstliche Intelligenz empathischer wirkend schreiben kann als manche Menschen. Das ist grundsätzlich etwas Gutes und besonders, wenn der Ton härter wird, etwas Hilfreiches - für alle beteiligten. Außerdem bleiben dadurch voraussichtlich weniger Anfragen liegen, können schneller bearbeitet werden und führen damit zu einer höheren Kund:innenzufriedenheit. Aber nicht nur die direkte Interaktion, auch die „Trigger“ für Interaktionen - namentlich Content in allen Formen wie Werbung, redaktionelle Beiträge, PR, etc. - werden mit Hilfe von KI erstellt werden. Über Chats zwischen Strategen und Kreativen mit einer künstlichen Intelligenz.

„Spiel den Song, den wir hier letztes Mal gehört haben“ - der Schritt in Richtung Gedächtnisökonomie

Die Frage, die sich stellt, ist folgende: Auf welcher (Daten-)Grundlage agieren dann Marketingverantwortliche? Gute Frage. Andere Frage: Wie oft am Tag nimmst du dein Handy raus und suchst etwas komplett banales, von dem du weißt, dass du es eigentlich wissen solltest? Richtig, ich auch. Wir müssen nicht mehr viel erinnern, weil der Aufwand, die Information zu suchen, geringer ist, als sie dauernd abgespeichert zu haben. Diese Aufgabe übernehmen heute schon unsere Smartphones, bald die Assistent:innen darin. Die Anbieter von AI-Wearables werben sogar mit dieser „Gedächtniserweiterung“. Während Datenschutz und Transparenz einerseits immer wichtiger werden, wir die Sammlung, Speicherung und Verwertung von Daten durch private Assistent:innen immer umfassender. Dafür braucht es die Zustimmung von Nutzer:innen. Die Cookie-Situation zeigt aber, wie bedacht Endkonsument:innen ihre Daten verwalten. Der Erfolg von Marketing beruht daher nicht länger auf dem Prinzip „Breaking the Noise“ in unserer Aufmerksamkeitsökonomie, in der Unternehmen für eine super sichtbare Platzierung bezahlen, in der ihre Zielgruppen ihnen höchstwahrscheinlich Aufmerksamkeit schenken. Der Erfolg hängt davon ab, wie gut und nachhaltig Unternehmen Erinnerungen schaffen können - nicht die, die die Zielgruppen selbst erinnern, sondern die, die von den Algorithmen, den Assistent:innen so verstanden werden. Am Ende geht es trotzdem um die Platzierung, denn wir wissen ja, dass wir Menschen unglaublich schlecht im Erinnern sind und im Zweifel - ähnlich wie eine KI - Erinnerungen halluzinieren, wenn sie uns plausibel erscheinen. Wenn Inhalte, besonders Suchinhalte, primär mittels generativer KI erstellt werden, müssen und können diese hyper-personalisiert sein. Das Prinzip von „Single Feeds“ gilt jetzt schon, bald werden wir „Single Information“ sehen: die selbe Information, nur eben für Person 1 oder 2 spezifisch aufbereitet, basierend auf möglichst vielen historischen Daten zu den einzelnen Personen, bereitgestellt durch persönliche Assistent:innen. Zurück zur ersten Frage: Auf welcher (Daten-)Grundlage agieren also Marktverantwortliche? Die einfache Antwort: Auf der selben wie heute. Sie kaufen die Daten quasi von den großen (Plattform-)Anbieter:innen. Seit mehreren Jahren predigen die daten-driven Marketeers bereits „build your own data bases“. Genau diese sind jetzt unfassbar wertvoll. Denn im Zeitalter von KI können diese Daten jetzt mit den großen Sprachmodellen so trainiert (und mit weiteren Daten kombiniert) werden, dass es einen unternehmensspezifischen Mehrwert gibt. Spätestens jetzt sollte klar sein: No Data, No Marketing.

Was vom Mensch bleibt

Alles. Technologie hat in meiner Auffassung nach Menschen immer besser, effizienter werden lassen und ihre Fähigkeiten erweitert. Die Frage ist nicht ob, sondern wie wir die Technologie zu unseren Nutzen einsetzen. Ein kluger Freund von mir hat die These aufgestellt, dass 80% der Wertschöpfung in Zukunft artifiziell geschaffen sein wird - 20% demnach weiterhin durch Menschen. Was passiert innerhalb dieser 20%? Wie oben bereits beschrieben wird die Fachexpertise in jedem Bereich des Marketing zunehmend relevant, nicht nur weil der Fachkräftemangel sich ausweiten und die Marketing- bzw. Kommunikationslandschaft weiter fragmentieren wird, sondern vor allem, weil auf diesem Fachwissen basierend neue Mitarbeitende geonboarded, Junior:innen trainiert und sogar einzelne artifizielle Mitarbeitende entwickelt werden können. Artifizielle Mitarbeitende werden 2024 langsam in den Alltag von Marketingabteilungen rücken. Trotzdem braucht es weiterhin Menschen, die das Training dieser neuen Mitarbeitenden übernehmen, die sie weiter optimieren und grundsätzlich in die richtige Richtung lenken. Und es braucht Menschen, die dabei helfen, Wissen explizit zu machen - quasi das Gedächtnis von Expert:innen zu „verwerten“ wissen. In der Konsequenz werden sich, lieber früher als später Marketing-Teams und Unternehmen generell anders aufstellen müssen. Wer noch keine New Work Ansätze etabliert hat, wird sich spätestens dieses Jahr damit auseinandersetzen müssen, da sich noch mehr Arbeit auf Wissensmanagement fokussieren wird und damit a) asynchron, b) ortsunabhängig, c) nicht in Zeit gemessen geleistet wird.

tldr: Was machen?

Fokussiert Wissen- & Datenmanagement. Integriert KI in Arbeitsprozesse, um Fähigkeiten von Teams und einzelnen Mitgliedern zu erweitern. Überdenkt das Serviceangebot und nutzt Wissen für (Micro-)Produkte. Denkt in Erlebnissen und Erinnerungen, nicht in Touchpoints!

Chatbots, KI-Hype, Wissen- & Datenmanagement, KI in Arbeitsprozesse
Über den Autor
Simon Bölts
Head of Campaigns & Strategie
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Simon Bölts denkt, liest und schreibt über die Beziehung von Technologie und Demokratie. Er ist ein Problemlöser. Er vereint das Wissen aus Werbung und Politik in einer einzigartigen Rolle als Stratege, Innovations,- Projekt-, Kampagnen- und Kommunikationsmanager. In seiner aktuellen Rolle als Head of Campaigns & Strategie bei Cosmonauts & Kings kann er neben seiner beruflichen Erfahrung auch sein akademisches Wissen aus den Bereichen Wirtschaftspsychologie und Public Affairs einbringen.

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